Mittwoch, 16. Juli 2008

"Kann ich mit dir mitgehen?" - 10. Juli

So lief ich durch den Stadtpark und sollte wieder einmal eine dieser Begegnungen haben, in der man Gott so heftig spürt, wie die Sonne auf der Haut oder ein Schluck Wasser der durch den Körper geht. Warum ich das so bildlich schreibe? Ich sollte jemanden treffen, der mich zu sowas inspieriert. Marcel. Halb Kurde, Halb Deutscher. 19 Jahre. Seit 5 Jahren von zuhause weg.

Marcel saß mit anderen auf einer Bank und sprach mich wieder einmal auf meine Ukulele an. Er fragte ob ich einen Moment Zeit hätte. Einen Moment? Ich habe unendlich Zeit. Er staunte und schien mit dieser Antwort von mir nicht zu rechnen. So einen faszinierenden und phantasievollen Menschen habe ich in meinem Leben noch nicht getroffen.
Sie packten die Bong aus, eine Wasserpfeife und rauchten erstmal eine und setzten sich entspann auf die Bank. Sie wollten alles von mir wissen. Wer ich sei, woher ich käme, sie waren fasziniert von mir und meiner Einstellung. Ich hätte einen Glanz. Marcel schaute mich anfangs einfach nur an. Er schaute mich an. Es war ihm nicht unangenehm, wenn ich ihm tief in die Augen schaute. Irgendwann war es nur noch eine Unterhaltung zwischen uns zweien.
Eine Unterhaltung, nein es war Gebet. Er haute mir Weisheiten und Bilder um die Ohren die so eine Schöhnheit und Wahrheit, Glanz hatten, das ich den Mund nicht mehr zubekam. Wenn ich etwas nicht verstand, hab ich nachgefragt und er sagte, dass habe er so noch nicht erlebt. Aber meine Fragen geben ihm die Antworten. Und umgekehrt.
Er sagte wir wären alle Lichter im Universum und irgendwann wären wir alle Im Licht, ein Glanz eine Herrlichkeit. Wenn ich eine Pflanze wäre, wie würde ich wachsen wolen. Hoch oder Tief. Hoch natürlich, sagte ich. Er sagte, er wolle Hoch und Tief wachsen. Und ich solle beginnen meine Phantasie einzusetzen. Er habe noch nie ein Buch gelesen, aber seine Bilder steckten voll alter Weisheiten. 19 Jahre.
Sein Leben, ja das kriege er selber schwer in den Griff. Er wolle Philospoph werden. Er arbeite und läge jeden Monat 1.000 Euro zurück um sich in 50 Monaten zwei Häuser im Süden kaufen zu können und sie dann teuer an Deutsche zu verkaufen und dann davon zu leben. Warum er es so schwer habe: Mit 4 wurde er von dem Freund seiner Schwester sexuell missbraucht und seine Eltern hätten das geduldet. Jahre Lang. Diese Narben seien nie verheilt. Genauso wie die Narben, er zog sein T-Shirt hoch und sein ganzer Körper war mit Schlitzen übersät, die nur schwer heilen würde. Immer wenn er so einen Hass auf einen Menschen habe, den er am liebsten umbringen würde, tut er sich das an. Ich konnte das alles nicht fassen. Unsere Blicke trennten sich nie. Wr schauten uns beständig in die Augen. Und aufeinmal fragte er mich:

"Kann ich mit dir mitgehen?"
Ich schluckte schwer, denn ich wünschte mir nichts sehnlicher als auf dieser Reise nicht mehr alleine unterwegs zu sein. Wow. Er sagte, ich hätte so einen Glanz und er glaube an mich und meien Überzeugungen und das ich mein Leben lebe. Ich konnte das alles nicht fassen. Ich war überglücklich, aber hatte Angst. Könnte ich ihn mitschleppen, ist er gefährlich? Wo war mein Vertrauen. Ein Jünger, ich könnte ihn auch zum Jünger Jesu machen, aber mir fehlte der Mut. Zum ersten Mal fehlte mir der Mut und ich schwieg und er verstand.
Plötzlich fing es wie aus Eimern an zu schütten. Ich zog meinen Regenmantel über meine Tasche und da kam die Polizei vorbei. Sie kehrten um und wollten Marcel und meinen Ausweis sehen. Wir retteten uns unter ein Vordach und sie kamen uns hinterhergefahren. Die dachten wir würden abhauen und waren dementsprechend sehr unfreundlich. Aber wir zeigten unsere Ausweise und ich gab ihnen sogar noch ein Bibelvers mit auf den Weg: Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.
Wir stellten uns unter und warteten bis der Regen weg war. Dort waren bereits einige andere Obdachlose und ich sprech noch mit einigen. Dann trennten wir uns und ich ging zum Bahnhof

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